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Weniger für die kleinen Theater, mehr für die großen – der britische Arts Council verteilt um

Pinter, Stoppard und Rushdie kämpfen

London, 26. Januar 2008. Dass die finanziellen Umverteilungen des britischen Arts Council groß und einschneidend sind, wurde bereits vor Weihnachten bekannt. Der damalige Kultusminister James Purnell verkündete, dass Großbritanniens Kunstszene an der Schwelle zu einem neuen "goldenen Zeitalter" stünde und dass in England eine neue "kulturelle Renaissance" anbrechen würde.

Dreiviertel der knapp tausend geförderten Institutionen sollen demnach mehr Geld bekommen. Knapp 200 stehen jedoch vor dem Aus – das fasst Lilo Weber heute noch einmal in der Neuen Zürcher Zeitung zusammen und berichtet von dem Misstrauensvotum der Kulturschaffenden gegenüber dem Arts Council. "Der Sturm in der britischen Kulturszene gleicht all jenen Stürmen, die sich regelmässig erheben, wenn irgendwo Gelder gekürzt werden", schreibt Weber, "Doch hier geht es um mehr: um eine grundlegende Neuausrichtung der Kulturpolitik von New Labour und um die Frage, ob der Arts Council England fähig ist, diese umzusetzen."

Die Neuausrichtung beschreibt die eigens angefertigte Studie von Brian McMaster, dem ehemaligen Leiter des Edinburgh Festivals, die "Vorzüglichkeit" zum wichtigsten Ziel der Kulturförderung ernennt, Qualität statt Quantität und Klasse statt Masse verlangt. Was sich vorbildlich anhört, ist in der Umsetzung des Arts Council jedoch noch unklar, und Weber glaubt, dass das Misstrauen der Kulturschaffenden nicht ganz unbegründet sei: "Der Arts Council England ist von der Regierung theoretisch unabhängig, praktisch aber hat sich die Politik von New Labour sehr wohl in die Kulturpolitik eingeschrieben. Kluge Köpfe haben den wirtschaftlichen Wert der Kultur erkannt und ihr den entsprechenden Namen gegeben: Creative Industries."

Noch liegt keine komplette Liste der Theater und Orchester vor, denen die Unterstützung gestrichen wird. In der Frankfurter Rundschau (19.1.) berichtete Peter Nonnenmacher, dass wohl das Tanzstudio Chisenhale Dance Space betroffen sei, die London Mozart Players (das älteste britische Kammerorchester), das Northcott Theatre in Exeter, das National Student Drama Festival in Scarborough – und das bekanntere Bush Theater in West-London. Es fasst zwar nur 81 Plätze, spielt aber bei der Förderung junger Dramatiker eine bedeutende Rolle.

In der NZZ heißt es: "Gerade wegen seiner Winzigkeit kann es Stücke von völlig unbekannten Leuten aufführen. Autoren wie Harold Pinter, Tom Stoppard und Salman Rushdie setzen sich nun für das Theaterhaus ein, aber auch Theaterleute wie Nicholas Hytner, dessen National Theatre immer wieder Dramatiker auf die Bühne bringt, die das Bush entdeckt hat." Webers Text schließt mit dem Resümee: "Es bleibt zu hoffen, dass Arts Council England nicht Vorzüglichkeit mit Mainstream gleichsetzt." Es ist zu befürchten, dass genau dies der Fall ist.

(sik)

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