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Der Schauspieler Heinz Bennent ist tot

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Zwischen Ernst und Narrentum

Berlin, 12. Oktober 2011. Wie das Berliner Renaissance-Theater und verschiedene Medien mitteilen, ist Heinz Bennent am Morgen des heutigen Mittwochs im Alter von 90 Jahren in Lausanne gestorben. Der Theater- und Filmschauspieler begann seine Karriere am Karlsruher Theater und debütierte dort in der Titelrolle von Schillers "Don Carlos". Danach folgten Engagements an mehr als 20 Bühnen, u.a. in Stuttgart, Berlin, Hamburg und München. Dabei arbeitete er mit Regisseuren wie Hans Lietzau, Ingmar Bergmann, Klaus Michael Grüber und Dieter Dorn zusammen.

Ab 1966 war Bennent auch als Filmschauspieler aktiv. Einem breiten Publikum wurde er etwa mit Filmen wie Volker Schlöndorffs "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" und "Die Blechtrommel", Ingmar Bergmanns "Aus dem Leben der Marionetten" und Francois Truffauts "Die letzte Metro" bekannt. Gemeinsam mit seinem Sohn David Bennent ging er in den Neunziger Jahren mit Becketts "Endspiel" auf Tournee, 2000 standen die beiden zusammen in "Hyperion / Bildbeschreibung" auf der Bühne des Renaissance-Theaters. Daran erinnerte sich auch Wolfgang Behrens in seiner Gratulation zu Bennents Neunzigstem auf nachtkritik.de: Heinz Bennent, dessen Schauspiel "Ernst und Narrentum (1992 war er Dieter Dorns Narr im 'Lear') immer auf das Glückhafteste verband", "machte Hölderlins 'Hyperion' so sehr zu seinem eigenen Text, füllte diese ferne, idealistisch begeisterte Prosa so sehr mit gebändigter Erfahrungstiefe, dass es den Zuhörern den Atem verschlug".

Gerhard Stadelmaier beschreibt Bennent in seinem Nachruf auf FAZ.net als einen "faszinierend Unantastbaren", der in manchem "Tatort" als "Zwielichtspezialgestalt auftauchte" und doch nirgendwo zum Star geworden sei. "Er hörte früh auf, irgendwo fest dazuzugehören: Er war immer ein Emerit im Theaterland." Bennents Figuren seien "Wölfe in schillernden Schafspelzen" gewesen und hätten "auf wehtuende Weise Contenance" gehabt. Seine Strahlkraft verdankte er, so Stadelmaier, einem Paradox mit Seltenheitswert im deutschen Theater: Immer schien er "zuerst ganz Tiefe, Seele, Schmerz, Abgrund, Anarchie. Dann aber zog er elegant und mit nicht unbitterem Witz die Oberfläche über sich wie ein wundervolles Cape. Er spielte von unten nach oben."

(www.renaissance-theater.de / FAZ.net / ape)

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Kommentare  
#1 Heinz Bennent: ein ganz Großer seiner ZunftWolfgang Behrens 2011-10-14 14:49
Man wird - so sagt man wohl - Heinz Bennent in vielen Rollen in Erinnerung behalten. In einigen Rollen aber sollte man ihn überhaupt erst kennenlernen.
In dem abgründigen, nervenaufreibenden Meisterwerk "Possession" - einem 1981 in Berlin gedrehten Film von Andrzej Zulawski, der für die deutsche Kinolandschaft wohl zu verstörend und deshalb hierzulande nur als Bückware zu haben war, mittlerweile jedoch in einer vorzüglichen DVD-Edition vorliegt –, in "Possession" also spielt Heinz Bennent den abgelegten Liebhaber Heinrich der "besessenen" (und tatsächlich auf unvergessliche, auf schier entsetzliche Weise besessen agierenden) Isabelle Adjani.

Dieser Heinrich ist ein überspannter Esoteriker, den Bennent mittels einer famos beherrschten Virtuosität immer in der Waage zwischen auratischer Figur und lächerlich aufgeblasenem Tropf hält. Das Wort "Präsenz" ist in Schauspielzusammenhängen gewiss überstrapaziert; für die raubkatzenartige Geschmeidigkeit und Spannkraft aber, mit der Bennent diesen sinistren Guru ausstattet, gibt es kaum ein besseres Wort: Er ist da so präsent, dass er die Zweidimensionalität des Mediums vergessen lässt, und im nächsten Moment schon erwartet man, dass Bennent aus dem Bildschirm heraus ins eigene Wohnzimmer schnellt.

Allein aus diesem Nebenrollenauftritt heraus kann kein Zweifel bestehen: Heinz Bennent war ein ganz Großer seiner Zunft. Und wer es erträgt, sich diesem zermürbenden Film auszusetzen, der sollte das unbedingt tun.
#2 Heinz Bennent: zum NiederknienBarbara 2011-10-15 20:16
Heinz Bennent als Schauspielkönig mit Fusselneurose in Botho Strauß`"Besucher" in den Kammerspielen: Leicht, ein Baiser, fluffig klug, und wunderbar beobachtet und saukomisch. Göttlich!
Hyperionlesungen 2x im Abstand von 10 Jahren am selben Ort. Zum Niederknien. Hochachtung er war ein ganz eigener, außergewöhnlicher, hochbegabter, hochsensibler und ganz besonderer Bühnenkünstler.
Wirklich: Mit niemanden zu vergleichen. Bewundernswert.
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