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Schauspieler Otto Tausig im Alter von 89 Jahren verstorben

"Kasperl, Kummerl, Jud"

11. Oktober 2011. Der Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor Otto Tausig ist tot. Wie die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf die österreichische Nachrichtenagentur APA meldet, verstarb das ehemalige Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters in der Nacht zum Montag, den 10. Oktober 2011, im Alter von 89 Jahren.

Tausig, der aus jüdischem Elternhause stammte, floh 1938 vor dem Naziregime nach London. Nach dem Krieg kehrte er in seine Heimat zurück, um am Max-Reinhardt-Seminar Schauspiel zu studieren und an der Wiener Scala im sowjetisch besetzten Sektor sein erstes Engagement aufzunehmen. Nach Schließung der Scala 1956 ging er als überzeugter Kommunist nach Ost-Berlin, wo er am Deutschen Theater und an der Volksbühne arbeitete. Allerdings seien ihm die "Spitzeleien der DDR-Behörden dann doch auf die Nerven gegangen", wie er 2009 gegenüber dem ORF-Sender FM4 äußerte. 1970 kehte Tausig nach Wien zurück und trat ins Ensemble des Burgtheaters ein, dem er bis 1983 angehörte.

Zeit seines Lebens galt er als Experte für komische Rollen mit tragischen Untertönen. Seine Autobiographie nannte der politisch bis zuletzt engagierte Künstler "Kasperl, Kummerl, Jud" (hier die Rezension des Wiener Stadtmagazins Falter). 2009 erhielt Tausig den Nestroy-Preis für sein Lebenswerk.

(Süddeutsche Zeitung / falter.at / ORF / chr)

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Kommentare  
#1 Otto Tausig: die historische WahrheitTh. Rothschild 2011-10-11 16:01
Otto Tausig war zwar überzeugter Kommunist, aber er ging nach der Schließung der Scala, wie Karl Paryla, wie Hortense Raky, wie Wolfgang Heinz, wie das halbe Scala-Ensemble nur deshalb nach Ost-Berlin, weil ihm die Antikommunisten, die heute Trauer heucheln, kein Engagement anboten. Die historische Wahrheit, die die Nachrufe verschweigen, sieht so aus: Als Otto Tausig aus dem Exil heimgekehrt war und das Reinhardt-Seminar absolviert hatte, sprach er in Graz vor. Der Direktor wollte ihn zunächst gar nicht, dann jedoch für 200 Schilling im Monat nehmen. Das reichte Tausig nicht. Der Direktor erhöhte das Angebot. Als er bei 400 Schilling angelangt war, fragte er Tausig: "Entschuldigen Sie, sind Sie eigentlich Jude?" Tausig fragte zurück: "Wieso, hat das was mit dem Engagement zu tun?" Der Direktor entrüstete sich: "Aber nein! Einige meiner besten Freunde sind Juden. Aber sie wissen ja, Graz, die Stadt der Erhebung..." Die Gagenverhandlungen gingen weiter. Als jedoch das von Tausig angepeilte Ziel von 600 Schilling im Monat und zwei garantierten Rollen pro Spielzeit erreicht war, sagte er dem Direktor: "Seien Sie mir nicht bös, aber bei Ihnen möcht ich nicht engagiert sein."
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