Medienschau: Die Presse, Kleine Zeitung, Standard – Zur Causa Teichtmeister

Täuschung und doppeltes Spiel

Täuschung und doppeltes Spiel

18. Januar 2023. In den Tagen nach Bekanntwerden der Anklage gegen Florian Teichtmeister und seiner fristlosen Entlassung am Burgtheater beschäftigt der Fall weiterhin die österreichischen Medien. Die Presse berichtet, wie das Burgtheater, der Sender ORF und die Filmproduktion "Corsage" mit den Vorwürfen gegen Florian Teichtmeister seit ihrem Bekanntwerden 2021 umgegangen sind.

"Die Erklärung des Theaters legt nahe, dass Teichtmeister seine Arbeitgeber noch lang belogen hätte, während er mit den Ermittlern bereits kooperierte", heißt es in dem Beitrag. Der ORF habe sich entschieden, Teichtmeisters Hauptrolle in der Krimireihe "Die Toten von Salzburg" zu reduzieren, bis "alle Vorwürfe offiziell entkräftet würden“.

Arbeitsrechtliche Schritte seien angezeigt gewesen

Gegen die Rechtfertigung des Burgtheaters, das in einem Statement am 15. Januar 2023 online mitteilte, für die Direktion hätte "nach eingehender rechtlicher Prüfung, auch unter Beiziehung von Rechtsanwälten" 2021 keine rechtliche Handhabe für weitergehende Schritte bestanden, wendet sich der Presse zufolge im Sender Ö1 die Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak: Das Burgtheater habe "viel zu spät reagiert“.

Es sei eine verbreitete Fehlvorstellung, dass ein Arbeitgeber erst handeln könne, wenn er genau wisse, was passiert sei, wird Körber-Risak in der Kleinen Zeitung vom 17. Januar 2022. zitiert. Das Burgtheater, dessen Geschäftsführung verpflichtet sei, im Interesse des Unternehmens zu handeln, hätte schon im September 2021, als die Vorwürfe bekannt wurden, abwägen müssen "zwischen einer beschädigten Reputation des Burgtheaters oder einem arbeitsrechtlichen Prozess, wenn Teichtmeister nach einer Entlassung geklagt hätte". Mit der Vermeidung eines Prozess-Risikkos habe sich das Burgtheater "für das Falsche entschieden", so die Arbeitsrechtsexpertin.

Kunst als Deckmantel für Missbrauch

Die "lange Tradition", in Verdachtsfällen Bedacht anzumahnen, benennt Almuth Spiegler in der Presse als ein Erbe der "Reformbewegung und -pädagogik um 1900 und deren bewusstem Wiederaufgreifen durch die 68er-Generation". Kunstrichtungen wie der Jugendstil hätten in prominenten Fällen als Vorwand gedient, "pädophile Neigungen auszuleben".

Oscar-nominierter Film "beschmutzt und beschädigt"

Marie Kreutzers Sisi-Film "Corsage", in dem Teichtmeister Kaiser Franz Joseph spielt, sei in den meisten heimischen Kinos abgesetzt, bleibe aber für den Auslands-Oscar nominiert, so Die Presse. "Ich bin traurig und wütend, dass ein feministischer Film, an dem mehr als 300 Menschen aus ganz Europa jahrelang gearbeitet haben, durch die grauenvollen Handlungen einer Person so beschmutzt und beschädigt wird", wird die Filmregisseurin Marie Kreutzer im Presse-Beitrag vom gestrigen Dienstag zitiert.

Noch "etwas halbherzig" Stellung bezogen habe Marie Kreutzer im Juli 2022. Es sei "schwer", auf solche Anschuldigungen adäquat zu reagieren, wird die Regisseurin im Standard zitiert: "Wir leben in einem Rechtsstaat, und wenn es gegen jemanden weder konkrete Vorwürfe noch ein Verfahren" gebe, würde sie sich, sofern sie "darauf mit Konsequenzen reagierte, als Richterin aufspielen“, heißt es im Beitrag.

Überprüft worden sei dem Standard zufolge jedoch, ob Teichtmeister am Filmset Fotos von minderjährigen Mitwirkenden aufgenommen habe, so wie offenbar bei anderen Gelegenheiten. Wie der Standard berichtet, soll es gegen einen weiteren Darsteller in Kreutzers "Corsage" in der Filmszene #MeToo-Vorwürfe geben.

Eine Anklage, weitere Ermittlungen eingestellt

Staatsanwaltlich sei gegen Teichtmeister wegen mehrerer Delikte ermittelt worden, legt die Tiroler Tageszeitung dar. Zur Anklage gebracht werde der Besitz von Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs. Eingestellt worden seien hingegen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien "wegen fortgesetzter gegen seine damalige Lebensgefährtin gerichteter Gewaltausübung" und wegen eines Suchtmitteldelikts.

Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer habe bei der Bundestheater-Holding einen Bericht angefordert, um herauszufinden, "ob richtig gehandelt wurde", schreibt die Tiroler Tageszeitung im gleichen Artikel. Mayer habe Konsequenzen angekündigt, ohne konkret zu werden, aber betont, dass "wir keine Verharmlosung durchgehen lassen, keine Toleranz walten lassen".

(Die Presse / Der Standard / Kleine Zeitung / Tiroler Tageszeitung, eph)

Update vom 20. Januar 2023. Laut Bericht des Standard beabsichtigt das Burgtheater, den Schauspieler Teichtmeister auf Schadensersatz zu verklagen.

 

Mehr zur Causa Teichtmeister in der Meldung über seine fristlose Entlassung am Burgtheater und in der Medienschau vom 15. Januar 2023.

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