Sprung aus dem Bilderrahmen

22. Januar 2023. Nach außen wahren Gertrud und Claudius das Familienbild. Innen splittert es gewaltig in diesem "Hamlet" von Caroline Stolz inszeniert. Mit einem prokrastinierendem Königssohn so zwangslustig wie neurotisch zögernd. 

Von Dorothea Marcus

22. Januar 2023. Ist das alles nur die düstere Kunstfantasie eines Königssohns? Auf der riesigen Bühne des Landestheaters Neuss prangt ein riesiger goldener Bilderrahmen. Die Figuren in schwarz-weiß-rotem Satin stehen dahinter aufgereiht und springen zunächst dann aus dem Bild, wenn sie gebraucht werden. Nur der Geist des Vaters erscheint Hamlet mit nacktem Oberkörper und weiß geschminkt erleuchtet hinter einem Spiegel wie im Gruselfilm. Immer mehr Bilderrahmen werden im Laufe des Abends herabgelassen, die Toten werden zur Ahnengalerie, als sei das Trauma Hamlets bereits in die Geschichtsschreibung der Familie eingegangen.

In der Inszenierung von Caroline Stolz, seit Spielzeit 2019/20 Intendantin am Landestheater Neuss, soll "Hamlet" radikal auf "Schein und Sein" sowie den toxischen Familienkonflikt zugespitzt werden, steht im Programmheft. Hier wird immer wieder aus dem Rahmen gefallen, das glamouröse Außenbild der Familie, mühsam von Stiefvater Claudius und Mutter Gertrud nach dem Königsmord wieder zusammengeflickt, lässt sich nicht halten. Hamlet bringt alles zum Einsturz. Aber wer ist dabei eigentlich Hamlet?

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