Das bubbt

von Elena Philipp

Berlin, 24. März 2018. Was hat er da wieder für eine virtuose Nullnummer gebaut, der Herbert Fritsch. Ein Tänzchen am Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs des Scheiterns – und dort hält der neueste Streich an der Berliner Schaubühne bewundernswert Balance. "Null" heißt das gute Stück, und im Trailer kokettiert ein aufgeräumter Regisseur mit einer Ideenkrise. Nichts sei ihm eingefallen. Also habe er die Bühne leer geräumt und sich mit seinem Ensemble in ergebnisoffene Proben gestürzt. Vorgänge ausprobiert. Um mal zu sehen, was dabei herauskommt. Das Resultat? Eine dieser typischen Fritsch-Revuen, mit bewusst wenig Tief-, aber hohem Kunstsinn. Pures Körper-Musik-Raum-Licht-Theater. Von meditativem Unterhaltungswert.

Tanztee und Tinnitus

Anfangs ist Aufwärmen angesagt, oder, wenn man die Null mathematisch nehmen möchte: Axiomatik. Definitionsarbeit, die ein bisschen wie Akrobatik klingt, und damit ist man nicht weit vom Kern des Abends. Aber noch quasseln die neun pastellfarben gewandeten Schauspieler*innen aufgeregt durcheinander. Zählen bis 2, 3, 4; wollen, dass sich jetzt alle mal drehen (was natürlich nicht passiert); fordern, dass einer "nach Außen" gehen soll, vielleicht der Äußere nach Außen, der Innere nach Innen? Ne, geht ja nicht, zieht Jule Böwe ihren Vorschlag zurück. Da muss man sich jetzt was Lustiges überlegen. "Ich bin Außen" ruft ein bubiblonder Bernardo Arias Porras, als würde er einen Mathewitz persiflieren. Ruth Rosenfeld stolpert ein paar schicke Schritte, aber Bastian Reiber mokiert sich mehrfach: Sieht nach Tanztee aus. Nicht, dass wir einen Tinnitus bekommen und dann Beep, fürchtet auch Jule Böwe wiederholt. So geht's munter drüber und drunter, bis alle Neune, ungeschickt und kreuz und quer, in die Sicherheitsgurte gestiegen sind, die in der Bühnenmitte ausliegen. Und – Dada! – die Chose kommt in Schwung.

Null 2 560 Thomas Aurin uSchwingschwangschwung © Thomas Aurin

Von oben schweben Seile nieder, die Neun klinken sich mit ihren Karabinern ein – und hängen sich so richtig rein. Selig-breit grinsend lassen sie sich von der Technik zu Boden fahren, bis die Nasen fast die Bühnenbretter berühren. Dreimal runter und wieder hoch, dann das Ganze andersherum, so dass sie wie Puppen auf den Popo plumpsen. Vierteldrehung und wir sehen's von der Seite, wie beim Turnen in unterschiedlichen Formationen. Und in der Mitte wird Ingo Günther abrupt vom Boden hochgerissen, strampelt haltlos in der Luft. Geschätzt eine Viertelstunde lang fallen dem Ensemble immer neue Varianten komischen Schwingschwangschwungs ein. Das buppt. Schlussendlich hängen Ingo Günther und Jule Böwe meterhoch unter der Decke. Alle anderen klinken sich aus, gehen ab und Zack: Black.

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